Spezialsoftware

Testbericht: Neat Projects 2 Professional

2018-08-16 Welcher Fotograf hat sich nicht schon einmal geärgert, dass eine angesagte Fotolocation vollkommen mit Besuchern überlaufen ist. In einem solchen Fall können bestimmte fotografische Techniken helfen, das begehrte Objekt zu isolieren. Zu diesen Techniken gehört die Aufnahmesequenz, die erst in Kombination mit einer aufwendigen Bildbearbeitung zu den gewünschten Ergebnissen führt. Wir haben uns den Neat Projects 2 Professional angesehen, die anstrebt das “Aufwendig” aus der Bildbearbeitung ebenso zu entfernen, wie störende Objekte aus einem angesagten Fotospot.  (Harm-Diercks Gronewold)

Das Prinzip, auf dem Neat Projects 2 basiert, ist die Annahme, dass bewegte Objekte nicht an einem Platz verbleiben und damit nicht alle Bereiche des Motivs immer vollständig verborgen sind. Wird nach diesen Gesichtspunkten eine Bildsequenz angefertigt, sind innerhalb dieser Sequenz immer andere Teile des Motivs sichtbar. In der Bildbearbeitung werden die Bilder übereinander ausgerichtet und jeweils in einer Ebene platziert. Daraufhin werden mit Masken die Bereiche maskiert, die sichtbar sind. So entsteht Schritt für Schritt ein Bild ohne die störenden Objekte. Die benötigte Anzahl der Bilder in einer solchen Sequenz hängt davon ab, wie viele Objekte das Motiv "umschwirren". Je mehr Objekte, desto mehr Bilder sind vonnöten. Die Arbeit in der Bildbearbeitung ist sehr zeitaufwändig und kann durch unterschiedlich belichtete Aufnahmen zusätzlich erschwert werden. Die primäre Aufgaben von Neat Projects 2 sind das Ausrichten der Bilder und die automatische Entfernung der beweglichen Elemente.

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Die Aufnahmen der Bildsequenz müssen nicht zwangsläufig von einem Stativ aus gemacht werden, da die integrierte Ausrichtungsfunktion von Neat Projects 2 auch Aufnahmen aus der Hand zuverlässig ausrichtet. Wichtig ist jedoch, dass die Kamera während der Aufnahme der Sequenz möglichst ruhig gehalten und nicht verschwenkt wird. Wie viele Aufnahmen gemacht werden müssen, hängt davon ab, wie viel am Motiv los ist. Neat Projects 2 Professional kann bis zu 200 Aufnahmen verarbeiten. Diese hohe Bilderanzahl in einer Sequenz wird man in den wenigsten Fällen benötigen.

Für den Bildimport steht ein bequemer Sequenzbrowser zur Verfügung. Dieser erlaubt es, einen zuvor definierten Ordner zu durchsuchen und die entsprechende Bildsequenz zu laden. Dabei identifiziert Neat Projects 2 die zueinander passenden Bilder. So muss der Fotograf nur noch einen Klick machen, um die Bilder in die Software zu laden. Möchte man es "old School" machen, so kann auch auf den bekannten "Datei öffnen"-Dialog zugegriffen werden, um Bildsequenzen zu laden.

Nach dem Import der Bilder startet Neat Projects 2 sofort mit der Arbeit und richtet die Bildsequenz zunächst vollautomatisch aus und ermittelt, welche Bildteile relevant sind und welche nicht, gegebenenfalls werden auch Belichtungsunterschiede angepasst. Der Fotograf hat dabei keinerlei Möglichkeiten, ins Geschehen einzugreifen. Wie lange das Ausrichten der Bilder dauert, hängt von der Dateigröße und natürlich Anzahl der Bilder sowie der Rechenleistung des Computers ab.

Nachdem die Berechnungen der Sequenz abgeschlossen sind, erwacht die Arbeitsfläche zum Leben. Während der Vorschau viel Platz in der Mitte eingeräumt wird, befinden sich die kreativen Elemente an den Seiten. Auf der linken Seite kann der Fotograf Voreinstellungen wählen, die maßgeblich das Aussehen des fertigen Bildes beeinflussen. Zudem lassen sich gänzlich neue Voreinstellungen erstellen, kombinieren oder im- beziehungsweise exportieren. Kategoriefilter und eine Suchfunktion helfen, den Überblick zu bewahren. Im Auslieferungszustand sind 43 Voreinstellungen vorhanden.

Doch was machen die Voreinstellungen eigentlich? Um diese Frage zu beantworten, muss der Blick auf die rechte Seite schweifen. Dort befinden sich nämlich die Detaileinstellungen, mit denen sich die Tonwerte, die Farbe, die Dynamik und vieles mehr beeinflussen lassen. Diese Optimierungen kann der Fotograf entweder manuell einstellen oder per Assistent automatisch anwenden lassen. Zusätzlich besitzt dieser Optimierungs-Assistent noch zwölf Vorgaben, in denen sich die Optimierung bewegen kann. Eigene Vorgaben lassen sich allerdings nicht hinzufügen. Zudem können die Detaileinstellungen per Maskierung auf bestimmte Bereiche begrenzt werden und ein "Filmkorngenerator" erzeugt auf Wunsch nuanciertes Korn für den analogen Eindruck.

Die Funktionen zur "Befreiung" des Motivs befinden sich ebenfalls auf der rechten Seite ganz oben, und zwar direkt unter dem "Finalisieren"-Button und dem Lupenfenster. Die hier platzierte Auswahl der Bewegungs-Algorithmen sagt der Software, wie sie mit den ermittelten Unterschieden innerhalb der Bildsequenz verfahren soll. Je nach Anforderung kann der Fotograf hier die passende Methode wählen. Insgesamt stehen elf davon zur Verfügung, inklusive einer Methode für Langzeitbelichtungen. Hat der Fotograf die passende Methode gefunden und die Detailanpassungen gegebenenfalls angepasst, kann mit einem Druck auf den "Finalisieren"-Button das Bild exportiert werden.

Man darf trotzt der funktionierenden Bewegungserkennung nicht erwarten, dass man ohne Handarbeit auskommt. In vielen Fällen kommt es vor, dass Objekte nicht vollständig entfernt werden, entweder aufgrund von mangelnder Bewegung des Objektes oder einer Fehlinterpretation des Bewegungs-Algorithmus. In solchen Fällen kann der Fotograf die einzelnen Bilder der Sequenz aufrufen und die sogenannten Gewichte der Bilder beziehungsweise Bildelemente manuell bearbeiten. Dazu stehen, wie bei der Bearbeitung von Masken in der Bildbearbeitung, verschiedenste Werkzeuge zur Verfügung. Der Fotograf muss dann mit Pinsel und Radierer Bildteile stärker oder wenige stark in der Maske einbeziehen. Dank sinnvoller Hilfsmittel, wie drei Farben zur Markierung der gerade zu bearbeitenden Masken und des entsprechenden Werkzeugs, ist die Übersicht in diesem Bereich recht gut. Der Fotograf muss auch hier genau arbeiten und je mehr Bilder in einer Sequenz vorhanden sind, desto langwieriger wird es. Unser Test hat gezeigt, dass man oft mit weniger Aufnahmen als erwartet auskommt. 

Eine besondere Funktion verbirgt sich unter den Bewegungs-Algorithmen. Man kann nämlich nicht nur Bewegungen entfernen, sondern auch Bewegung hinzufügen. Diese spezielle Funktion erlaubt es nämlich, eine per Serienbildaufnahme erstellte Sequenz in einer Aufnahme darzustellen. So können Beispielsweise Bewegungsabläufe einer Person oder eines Objekts dargestellt werden.

In jeder Software gibt es eine Richtung für den Arbeitsablauf. Diese Richtung bestimmt, wo welche Funktion in einer Software platziert ist. Neat Projects 2 Professional suggeriert einen Arbeitsablauf von oben links nach unten rechts. Doch der Button, der für den Export des Bildes sorgt, befindet sich mitten im Arbeitsablauf oberhalb der Detaileinstellung und den Bewegungs-Algorithmen. Zwar sagt die Software dem Anwender "Hier kannst Du aufhören", gleichzeitig suggeriert es aber auch, dass alles, was weiter unten gemacht wird, nicht sonderlich relevant ist.

Ebenfalls unnötig kompliziert wurde die "Undo"-Funktion gestaltet. Um diese einzusetzen, muss man manuell Rücksetzpunkte erstellen und kann diese dann über die einblendbare Timeline wieder aufrufen. Wenn es sich um ein Projekt mit vielen Bildern handelt, kann das recht schnell unübersichtlich werden. Eine Hilfe-Funktion direkt in der Software haben wir zudem schmerzlich vermisst, lediglich ein kurzer Mouse-Over-Text erklärt das Nötigste. Einsteiger werden auf das mitgelieferte PDF-Handbuch zurückgreifen müssen.

Fazit

Wie schon sein Vorgänger macht auch Neat Projects 2 Professional seine Sache sehr gut. Die Bandbreite der kreativen Möglichkeiten ist dank der vielen Vorgaben und Kombinationsmöglichkeiten mit Detaileinstellungen sehr groß. Lediglich die umständliche Undo-Funktion und der auf den ersten Blick verwirrend platzierte "Finalisieren"-Button trüben das Bild. Wer oft Aufnahmen von belebten Orten macht, sollte auf jeden Fall einen Blick auf die Software riskieren und die Demo-Version ausprobieren. Diese ist zeitlich begrenzt und blendet ein Wasserzeichen in das fertige Bild ein. Dafür kann der Fotograf aber alle Funktionen der Software testen.

Neat Projects 2 ist im Franzis Verlag erschienen und in zwei vom Funktionsumfang unterschiedlichen Versionen erhältlich. Die genauen Unterschiede beider Versionen sind in einer Tabelle auf der Verlagswebsite ersichtlich (siehe weiterführende Links). Die Kosten für die kleinere Version belaufen sich auf etwa 70 Euro und die Professional Version liegt bei rund 100 Euro.

Kurzbewertung

  • Einwandfreie Ergebnisse
  • Guter automatischer Belichtungsausgleich
  • Hohes kreatives Potential
  • Umständliche Undo-Funktion
  • Zerrissen wirkender Workflowaufbau
  • Fehlende Hilfe-Funktion
Bezeichnung Franzis Neat Projects 2 Franzis Neat Projects 2 Professional
Betriebssysteme Mac OS X 10.7.5+, Windows 10 (64 Bit), Windows 7 (64 Bit), Windows 8 (32 Bit), Windows 8.1 (64 Bit) Mac OS X 10.7.5+, Windows 10 (64 Bit), Windows 7 (64 Bit), Windows 8 (32 Bit), Windows 8.1 (64 Bit)
Mindestanforderung CPU Windows: Core 2 Duo Windows: Core 2 Duo
Mindestanforderung RAM Windows: 2 Gigabyte
Apple Mac: 2 Gigabyte
Windows: 2 Gigabyte
Apple Mac: 2 Gigabyte
Min. Festplattenspeicher Windows: 2 Gigabyte
Apple Mac: Gigabyte
Windows: 2 Gigabyte
Apple Mac: Gigabyte
Monitorauflösung und Farbtiefe 1.920 x 1.080 Pixel (Farbtiefe 36 Bit (12 Bit pro Farbkanal)) 1.920 x 1.080 Pixel (Farbtiefe 36 Bit (12 Bit pro Farbkanal))
Testversion ja (Laufzeit: 30 Tage) mit eingeschränktem Funktionsumfang (Wasserzeichen) ja (Laufzeit: 30 Tage) mit eingeschränktem Funktionsumfang (Wasserzeichen)
Internet (Link) Software auf der Herstellerwebsite Software auf der Herstellerwebsite
Im Handel (Herstellerseite) Herstellerwebsite Herstellerwebsite

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